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Freiburger Geographische Hefte, Heft 77

Ralph Elsäßer (2016): Steuerungsalgorithmen für die nachhaltige Investition in den ländlichen Trinkwassersektor am Beispiel Burkina Fasos

Zusammenfassung

Die erneuerbare Wasserressource Burkina Fasos übersteigt den heutigen häuslichen Wasserbedarf des Landes um ein Vielfaches. Laut nationaler Erhebung lag 2014 die Zugangsrate zu sauberem Trinkwasser im Landesmittel dennoch bei nur 64,1 %. Die Ursachen hierfür können bei Missmanagement, fehlgeleiteten Investitionen, mangelnder Investitionsbereitschaft und in Verteilungsproblemen gesucht werden. Klarheit darüber verschafft nur eine geeignete Datenlage und deren zielgerichtete Analyse. Eine Verbesserung der Planungsmethodik muss auf gesetzlich festgeschriebenen Instrumenten fußen, die für den Sektor Ergebnisse liefern, die einen Vergleich der Werte verschiedener Jahre wie auch verschiedener räumlicher Einheiten ermöglichen.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde ein Verfahren entwickelt, das Standards und Normen bei Erhebung und Verarbeitung trinkwasserrelevanter Daten in die Arbeitsprozesse der Burkinischen Behörden integriert. Ein GIS-gestütztes Modell ermöglicht eine (teil-) automatisierte Auswertung dieser Informationen und bringt Licht in das Dunkel mangelnder Verteilungsgerechtigkeit. Als Planungsinstrument trägt das Modell zur Effizienzsteigerung der Investitionen in den Sektor bei, wobei neben rein ökonomischer Ausrichtung Ziele auch bei Armutsminderung und Stärkung sozialer Stabilität gesetzt werden können. Es macht Fehlinvestitionen sichtbar, den Entwicklungsstand verschiedener Regionen vergleichbar und kann helfen, Korruption und Vetternwirtschaft in der Wasserpolitik zu vermindern. Steigerung von Effizienz der Investitionen, stärkere Transparenz und Armutsreduzierung sind allgegenwärtige Entwicklungsziele internationaler Organisationen.

Die Dissertation konnte zeigen, dass ein mehrdimensionales Modell bei der Umsetzung einer auf Armutsreduzierung und Gerechtigkeit ausgerichteten Wasserpolitik die notwendige Wirkung erzielen kann. Das Modell kann als Bindeglied zwischen internationaler Gebergemeinschaft und nationalen Behörden verstanden werden. Gegenüber den Gebern wird die aus der Paris-Deklaration entstandene Rechenschaftspflicht über die Verwendung der Gelder bedient. Das Modell begleitet parallel die Koordination zwischen nationaler, regionaler und kommunaler Ebene Burkinischer Wasserpolitik. Auf den Ergebnissen beruhen nationale wie kommunale Investitionspläne, es fügt sich konsequent in die nationale Politik der Dezentralisierung ein und bietet gleichzeitig den nationalen Behörden ein Instrument zum Monitoring der regionalen und kommunalen Entscheidungen.
Die Dissertation zeigt damit Möglichkeiten auf, wie die Vielzahl der Akteure des Trinkwassersektors. Konzeptionell verkörpert das Modell eine Mischung aus Top-Down und Bottom-up Prinzip.

Die Entwicklung des Wertes für den Zugang zu sauberem Trinkwasser in Burkina Faso zwischen 2006 und 2014 zeigt, dass der Einsatz des Modells zu einer sinnvolleren und gerechteren Verteilung der Investitionen im Lande geführt hat. Investitionen wurden nicht mehr nur nach ökonomischen Gesichtspunkten an Orte gelenkt, an denen mit gegebenen Mitteln die meisten Menschen erreicht werden können, es wurde nunmehr auch auf ausgleichende Wirkung innerhalb des Landes Wert gelegt. In diesem Sinne zeigt die Burkinische Wasserpolitik seit Einsatz des Modells eine eindeutig armutsmindernde Wirkung und eine Verbesserung ihrer Transparenz. Beide Faktoren tragen maßgeblich zum Progress der Water Governance im Lande bei. Dennoch wird der in den Millenniumszielen für Entwicklung festgelegte Zielwert für Ende 2015 von 72% mit Sicherheit nicht erreicht werden können – das starke Bevölkerungswachstum neutralisiert einen Großteil der Bemühungen zu einer Steigerung des prozentualen Wertes.

Die kartographische Oberfläche des Modells ermöglicht eine verständliche Visualisierung der Daten des jeweiligen Bestandsjahres und über die Vergleichbarkeit der Ergebnisse unterschiedlicher Jahre auch ein umfassendes Monitoring der Evolution des Subsektors. Die Sichtbarmachung der Ergebnisse über Kartografie und Diagramme trug maßgeblich zur Überzeugung der Entscheidungsträger und damit zur Durchsetzung der Methodik bei. Die vom Modell auf Bedarf erstellten thematischen Karten stellen für nichtcomputerisierte Behörden und bei Begehungen im Gelände wertvolle Planungsinstrumente dar.