Gesellschaft für Geographie und Ethnologie in Freiburg/Breisgau
Aktuelles Rahmenthema im Studienjahr 2024/25
Die Themenfelder „Stadt“ und „Zukünfte“ setzen wir im Studienjahr 2024/25 in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten zueinander in Beziehung. Ergänzend zum abendlichen Gesellschaftsvortrag möchten wir auch zu wissenschaftlichen Kolloquiumsvorträgen einladen und z.B. eine Podiumsdiskussion als praxisnahe Veranstaltung mit außeruniversitären Partnern durchführen. Die verschiedenen Veranstaltungen werden nicht in einem geschlossenen Gesamtprogramm angekündigt, sondern sukzessive auf der Website bekanntgegeben und über den E-Mail-Verteiler an die Mitglieder der Gesellschaft kommuniziert.
30. Januar 2025, 18:15 Uhr
Prof. Dr. Frauke Kraas (Universität zu Köln):
Neue Hauptstädte in Asien: Zwischen Selbstbewusstsein, Schau und Scheitern
In Staaten Asiens wurden in den letzten Jahrzehnten mehrere neue Hauptstädte gegründet - darunter etwa Chandigarh/Indien, Putrajaya/Malaysia, Astana/Kasachstan, Nay Pyi Taw/Myanmar - oder Nusantara/Indonesien. Diese Megaprojekte verändern die jeweiligen nationalen Städtesysteme, binden enormes Kapital und Kapazitäten, führen teils zu Reorganisationen innerstaatlicher Machtverhältnisse und beeinflussen Wirtschafts- und Arbeitsmärkte nachhaltig. Welches waren und sind die zentralen Motivationen der Neugründungen? Nach welchen Prinzipien wurden und werden die neuen Hauptstädte gestaltet? Welche Vor- und Nachteile ergeben sich für die Gesellschaften? Wie lassen sich die Entwicklungen mit Blick auf die Folgen der Hauptstadtgründungen bewerten?
Veranstaltungsort: PH Freiburg-Littenweiler, Aulagebäude, Großer Hörsaal
07. November 2024, 18:15 Uhr
Dr. Wladimir Sgibnev (Leibniz-Institut für Länderkunde):
Mehr (post-)Sozialismus wagen? Von Anderswo lernen für die Mobilitätswende
Der Vortrag diskutiert die Relevanz einer Beschäftigung mit (post-)sozialistischen Erfahrungen für ein besseres Verständnis infrastrukturbezogener Transformationsprozesse. Historische infrastrukturelle Materialitäten, Praktiken und Institutionen beeinflussen aktuelle Konflikte um nachhaltige, resiliente Infrastruktur- und Mobilitäts-„Wenden“. Das (post-)sozialistische Mittel- und Osteuropa (MOE) hat nach der politischen Wende einen historisch einzigartigen Übergang von staatlich geförderten großtechnischen Systemen hin zu fragmentierten und maroden neoliberalen Infrastruktur-Angeboten erlebt, auch im Mobilitätssektor: ein Prozess, der in seinem Ausmaß und seiner Geschwindigkeit weltweit seinesgleichen sucht. Diese weitreichenden Veränderungen wurden gleichermaßen von radikalen Anpassungsmaßnahmen in Politik und Alltagspraxis begleitet. Diskussionen über mögliche künftige Einschränkungen angesichts der Klimakrise erfordern eine Aus-einandersetzung mit weitgehend vergleichbaren Erfahrungen aus der Vergangenheit, so wie diesen.
Der Vortrag beleuchtet, vor diesem Hintergrund, erstens, den vor-herrschenden Mangel an Studien über (post-)sozialistische infrastrukturbezogene Erfahrungen und Praktiken. Zweitens wird
ausgeführt in wie weit diese Erfahrungen und Praktiken für Debatten zu aktuellen und zukünftigen Transformations-prozessen relevant sein können, auch über den spezifischen regionalen Kontext hinaus.
Veranstaltungsort: Universität Freiburg, Herdergebäude Raum 100, Tennenbacherstr. 4
Frühere Vortragsprogramme
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2023/2024
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2022/2023
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2021/2022
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2019/2020
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2018/2019
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2017/2018
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2016/2017
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2015/2016
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2014/2015
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2013/2014
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2012/2013
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2011/2012
- Vortragsprogramm für das Wintersemester 2010/2011
Kontakt
Gesellschaft für Geographie und Ethnologie in Freiburg/Breisgau
Erster Vorsitzende: Prof. Dr. Tim Freytag
Zweite Vorsitzende: Prof. Dr. Verena Schreiber
Schriftführer: Friedrich Trautmann
Kasse: Nils Riach
Anschrift
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie
Prof. Dr. Tim Freytag
79098 Freiburg i.Br.
E-Mail: tim.freytag@geographie.uni-freiburg.de
https://geographie.uni-freiburg.de/de/struktur-kontakt/gesellschaft-geo-ethno/
Chronik
Von der Geographischen Gesellschaft zur Gesellschaft für Geographie und Ethnologie – 90 Jahre Vermittlung erdräumlicher Erkenntnisse
von Prof. Dr. Jörg Stadelbauer
Zweimal wurde unter Mitwirkung der Universitätsdisziplin Geographie eine Gesellschaft gegründet, die ihre Aufgabe darin sah, aktuelle Forschungsergebnisse aus allen Gegenden der Welt einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, 1925 als Geographische Gesellschaft, 1964 als Gesellschaft für Länder- und Völkerkunde, 2012 umbenannt in Gesellschaft für Geographie und Ethnologie. Seit über 90 Jahren besteht damit in Freiburg – von einer kurzen Zwischenzeit abgesehen – ein Forum für die Popularisierung wissenschaftlicher Geographie und Ethnologie.
Die 1925 gegründete Geographische Gesellschaft Freiburg suchte eine breite gesellschaftliche Einbindung. Aus heutiger Sicht ist sie nicht unumstritten, weil man sie bisweilen als ein Organ sieht, das ein verengtes nationales Denken tradierte. Tatsächlich wurden einige Vortragsveranstaltungen in Kooperation mit der Oberbadischen Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft organisiert; manche Vortragsthemen entsprachen dem kolonialen Denken, das nach dem Versailler Friedensvertrag auflebte und in die nationalsozialistische Zeit hinein getragen wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ Professor Friedrich Metz, der 1945 wegen seiner Nähe zum NS-Regime und wegen seiner Beziehungen zum Elsass vom Amt suspendiert, 1953 aber als Verfechter des Südweststaates rehabilitiert und auf einen neu geschaffenen Lehrstuhl berufen worden war, die Popularisierung der geographischen Wissenschaft wieder aufleben. In Ergänzung zu den landeskundlichen Vortragsveranstaltungen des Alemannischen Instituts sollten Strukturen und Entwicklungen in fernen Ländern vorgestellt werden. Mit einem Vortrag von Hermann Lautensach über Korea nahm die Geographische Gesellschaft 1951 ihre Tätigkeit wieder auf. In der Regel fanden die Vorträge im zwei- bis dreiwöchigen Turnus statt und führten namhafte Fachvertreter nach Freiburg vor ein interessiertes Publikum – der damals größte Hörsaal (Hörsaal 1, jetzt 1010 im heutigen Kollegiengebäude I) mit rund 500 Plätzen war regelmäßig gefüllt. Die Gesellschaft erlosch, nachdem Friedrich Metz Ende 1960 bald nach seiner Emeritierung den Vorsitz niederlegte.
Doch Freiburg blieb nicht lange ohne Geographische Gesellschaft: 1964 griff die Gesellschaft für Länder- und Völkerkunde die Tradition auf, setzte allerdings durch die Verbindung mit der Ethnologie einen anderen Schwerpunkt. Initiator war der Geograph Professor Wolfgang Weischet, der Unterstützung bei Professor Rolf Herzog, dem 1964 nach Freiburg berufenen Völkerkundler, fand. Die Zuordnung der beiden geographischen Institute und des Instituts für Völkerkunde zur Geowissenschaftlichen Fakultät erleichterte ab 1970 die Zusammenarbeit. Wieder wurden in jedem Wintersemester fünf bis sechs Vorträge angeboten, darunter wenigstens ein ethnologischer. Lag in den ersten Jahren der Hauptakzent auf thematischer Vielfalt, so wählte die Mitgliederversammlung seit den 1980er Jahren jeweils ein Rahmenthema, zunächst regionaler, dann zunehmend problemorientierter Art. Seit den 1990er Jahren wurden studentische Berichte von Auslandsexkursionen in das Programm einbezogen. Ein Grundgedanke, der die Konstruktion der Gesellschaft bestimmte, lässt sich aus der Zusammensetzung des Vorstandes ablesen: Solange der Vorstand aus fünf Personen bestand, sollte jeweils einer der Vorsitzenden aus der Geographie, ein weiterer aus der Ethnologie und der dritte aus dem Bereich der Schule kommen. Noch heute besuchen Schulklassen bzw. Kurse der gymnasialen Oberstufe die Vorträge. Ab 1990 wurde der Vorstand auf vier Mitglieder verkleinert, 2012 folgte die Umbenennung in Gesellschaft für Geographie und Ethnologie.