Freiburger Geographische Hefte, Heft 37
Zusammenfassung
In der hier vorgelegten Studie wurde ein Modell zur Berechnung der regionalen Flächenverteilung von Bodenfeuchte und Verdunstung validiert. Dieses Modell basiert auf der PEN-MAN-MONTEITH Formel in Verbindung mit einem Pflanzenbestandesmodell für den Strahlungstransfer zur Abschätzung des Bestandeswiderstandes Rc und einem vereinfachten Ein-Schicht-Bodenwassermodell zur Berechnung des zeitlichen Verlaufs der Bodenfeuchte. Dieses Modell greift über ein Geographisches Informationssystem (=GIS) auf digitale Rasterkarten aus den Bereichen Bodenwasserhaushalt und Landnutzung zu. Diese Rasterkarten umfaßten:
- Rasterkarten von Kennwerten des Bodenwasserhaushalts
- Rasterkarten der Landnutzung
Über diesen Zugriff können allgemein unter Einbeziehung der meteorologischen Daten Flächenverteilungen von Bodenfeuchte und Verdunstung berechnet werden.
Zur Validierung des Modells mußten die benötigten Eingabedaten aus den Bereichen Meteorologie, Landnutzung und Boden zur Verfügung gestellt werden. Dazu wurden Daten aus der LOTREX10E-HIBE88 Meßkampagne vom 26.5.-23.6.1988 in der Hildesheimer Börde verwendet.
Für den Themenbereich Boden und Bodenwasserhaushalt wurden aus Bodenkarten M 1:5000 mit Daten der Reichsbodenschätzung und bodenkundlicher Zusatzinformation über das GIS Rasterkarten von Bodenart, Bodenzahl, Entstehungsart und Bodentyp erstellt. An den Meßstandorten wurden Bodenprofilaufnahmen durchgeführt und Proben für Laboruntersuchungen aus dem Bereich Bodenwasserhaushalt genommen. Aus den über das GIS erstellten Rasterkarten und den Ergebnissen der bodenkundlichen Gelände- und Laboruntersuchungen wurden dann pF-gebundene Kennwerte des Bodenwasserhaushalts und die gesättigten hydraulischen Leitfähigkeiten für das gesamte Untersuchungsgebiet regionalisiert und standen damit als digitale Rasterkarten für die Modellberechnungen zur Verfügung. Insgesamt ergaben sich bei dieser Regionalisierung 5 Bodentypen oder Pedohydrotope mit den dazugehörigen, repräsentativen pF-gebundenen Kennwerten des Bodenwasserhaushaltes und den gesättigten hydraulischen Leitfähigkeiten.
In das GIS wurde eine aus TM-Daten abgeleitete Landnutzungsklassifikation des betreffenden Untersuchungsgebietes und Datensätze von Pflanzenparametern, wie Wuchshöhe und Blattflächenindex LAI verschiedener landwirtschaftlicher Nutzpflanzen, integriert.
Aus den Meßdaten von zwei im Untersuchungsgebiet betriebenen Wärmehaushaltsstationen wurden Stundenwerte der Verdunstung nach verschiedenen mikrometeorologisch basierten Bestimmungsmethoden berechnet und den Modellergebnissen zu Vergleich gegenüber gestellt. Die Ergebnisse der Modellierungen der Bodenfeuchte wurden mit Messungen der Bodenwassergehalte an der Bodenoberfläche und in 15cm u.GOK verglichen.
Weiter wurde eine Sensitivitätsanalyse des Modells durchgeführt.
Mit Hilfe der Rasterkarten aus den Bereichen Landnutzung und Bodenwasserhaushalt wurden durch Kombination von Landnutzung und Bodentyp bzw. Bedohydrotop homogene Flächen abgeleitet, für die dann jeweils durch das Modell repräsentative Verdunstungswerte und Bodenwassergehalte berechnet wurden. Über diese homogenen Flächen und den dazugehörigen Ergebnissen der Modellberechnungen wurden dann die regionalen Verteilungen von Bodenfeuchte und Verdunstung zu ausgewählten Terminen für das Untersuchungsgebiet bestimmt.
Beim Vergleich der Resultate von Verdunstungsberechnungen des Modells mit den Ergebnissen der mikrometeorologischen Bestimmungsmethoden zeigt sich bei den Stundenwerten der Verdunstung eine befriedigende bis gute Übereinstimmung. Bei Tagessummen können Fehler in der Bestimmung von Stundenwerten durch Fehlerfortpflanzung zu nicht unerheblichen Differenzen zwischen den verschiedenen Bestimmungsmethoden und dem Modell führen. Dies wird vor allem durch die Modelloption, bei Niederschlag die Transpiration=0 zu setzen, verursacht.
Da das Bodenwassermodell eine mittlere, für eine 1 m-Bodensäule repräsentative Bodenfeuchte berechnet, waren die Messungen der Bodenwassergehalte an der Oberfläche und in 15cm u. GOK Tiefe mit den Modellergebnissen bezüglich der Bodenfeuchte nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Eine realistische Wiedergabe der Bodenfeuchteverteilung im Profil vor allem für kurze Zeiträume ist mit so einer Modellkonzeption nicht zu erwarten. Wird die vom Modell berechnete Bodenfeuchte jedoch als Menge des gesamten, im Profil 0-1m u. GOK noch für die Pflanzen verfügbaren Bodenwassers verstanden, kann das Modell durchaus plausible Ergebnisse liefern. Diese Modellkonzeption ist zudem unter dem Gesichtspunkt der Auswertung von langen Zeitreihen und einer möglichen Impementierung derartiger Algorithmen in mesoskalige Klimamodelle durchaus beachtenswert.
Insgesamt bewies das Modell jedoch seine Tauglichkeit zur Berechnung der zeitlichen Verläufe von Bodenfeuchte und Verdunstung.
Die Modellergebnisse für die regionalen Verteilungen der Wasserhaushaltskomponenten können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht über integrale Flächenmessungen überprüft werden und sind daher mit einem gewissen Vorbehalt zu interpretieren. Insbesondere die räumliche Verteilung der Bodenfeuchte weist auch innerhalb eines Pedohydrotops, für das repräsentative Kennwerte des Bodenwasserhaushalts ermittelt wurden und dadurch boden- und gefügebedingte Schwankungen der Bodenfeuchte ausgeschlossen wurden, erhebliche Differenzen in den berechneten Bodenwassergehalten innerhalb eines Pedohydrotops auf. Dies deutet daraufhin, daß bei Gebietsbetrachtungen derartige kleinräumige Schwankungen der Bodenfeuchte nicht vernachlässigt werden dürfen und daß über über größere Flächen gemittelte Bodenfeuchten auch bei sogenannten pedologisch homogenen Arealen mit nicht unerheblichen Fehlern behaftet sein können. dies war bei der Verdunstung nicht so ausgeprägt.
Mit dieser hier vorgestellten Methodik zur Flächenberechnung von Bodenfeuchte und Verdunstung sind trotz der Vorbehalte aufgrund der bis jetzt mangelhaften Überprüfungsmöglichkeiten der Ergebnisse Abschätzungen der potentiellen kleinräumigen Variabilität von Bodenfeuchte und Verdunstung möglich. Auch sind Simulationsrechnungen mit verschiedenen Szenarien zu kleinräumigen Variationen der Wechselwirkung Bodenoberfläche-Pflanze-Klima denkbar.
Bei einer abschließenden Beurteilung der hier vorgestellten Methodik zur Flächenberechnung von Bodenfeuchte und Verdunstung sind mehrere Aspekte zu bedenken.
Zum einen ist eine enorme Menge von Daten zu erheben, die hier zur Durchführung der Berechnungen benötigt werden. Daraus ergibt sich vor allem bei der Bearbeitung größerer Gebiete ein sehr hoher Arbeitsaufwand, der selbst durch die bis heute allgemein sprunghaft angewachsene Zahl von verschiedensten Daten auf EDV-Träger und die dadurch gegebene bessere Verfügbarkeit für derartige Berechnungen nur geringfügig reduziert wird.
Zum anderen sind hier bei den Modellrechnungen verwendete zentrale Kennwerte aus dem Bereich Pflanzen und Boden, speziell der minimale Stomatawiderstand rsmin und die gesättigte hydraulische Leitfähigkeit k(1) noch mit gewissen Vorbehalten zu betrachten. Beide Kennwerte werden hier innerhalb einer homogenen Fläche Landnutzung/Bodentyp für die Berechnungen als Konstanten angesehen.
Bei Messungen der gesättigten hydraulischen Leitfähigkeit können kleinräumig Variationen in oft großem Ausmaß vorkommen. Dies liegt an der räumlich hoch variablen Porengeometrie natürlich gelagerter Böden. Diese Porengeometrie kann auch jahreszeitlichen Schwankungen speziell im Oberboden bearbeiteter Ackerböden unterworfen sein. Dies alles steht im Widerspruch zu der Annahme eines porösen und isotropen Mediums. Dies Annahme liegt jedoch den meisten Bodenwassermodellen zugrunde.
Versucht man einen repräsentativen Wert von rsmin für eine Kulturpflanze aus der Literatur zu entnehmen, differieren die Angaben je nach Meßmethode und Meßzeitpunkt oft auch beträchtlich.
Zu diesem Themenkomplex müssen daher noch weitergehende Untersuchungen durchgeführt werden.
Die Einbeziehung von Mikrowellentechniken wie z.B. durch den Satellit ERS1 in die hier skizzierte Methodik kann speziell durch die damit möglichen integralen Flächenmessungen von Bodenfeuchten hier einen möglicherweise entscheidenden Fortschritt bei Berechnungen von regionalen Verteilungen von Bodenfeuchte und Verdunstung bringen.
Die hier vorgelegte Studie kann daher nur ein weiterer Grundstein zu einer Reihe von weiterführenden Untersuchungen sein und hat somit einen gewissen unvollendeten Charakter.