Freiburger Geographische Hefte, Heft 40
Zusammenfassung
Die Untersuchung der hydraulischen Verhältnisse in Flächen- und Rillenspülung wird sowohl durch die Komplexität der beteiligten Prozesse als auch durch die Ungenauigkeit der zur Verfügung stehenden Meßmethoden beeinträchtigt. Deshalb wurden in dieser Studie gegenüber früheren Arbeiten (z.B. Merritt 1984, Torri et al. 1987, Govers et al. 1990) verschiedene methodische und meßtechnische Verbesserungen vorgenommen.
In der vorliegenden Arbeit waren drei Hypothesen zu überprüfen: Erstens sollte nachgewiesen werden, daß Erosionsraten und kritische Abflußintensitäten für den Beginn von Rillenerosion negativ mit dem Bodenscherwiderstand s korrelierten , der wiederum stark durch die Bodenfeuchte beeinflußt wird. Zweitens sollte demonstriert werden, daß Rillenerosion eine Funktion der Abflußintensitäten bzw. Schleppspannungskräfte des Abflusses darstellt und mit dem Überschreiten bestimmter hydraulisch-bodenphysikalischer Grenzwerte verbunden war. Drittens war zu untersuchen, ob und wie genau in Laborversuchen die im Feld ablaufenden Erosionsprozesse simuliert werden können.
Die erste Arbeitshypothese wurde durch die Ergebnisse der Simulation widerlegt. Im Gegensatz zu den Erkenntnissen verschiedener früherer Arbeiten war der mit einem Scherflügel gemessene Bodenscherwiderstand weder ein einfache Funktion der Bodenfeuchte noch korrelierte er signifikant mit den Bodenabtragsraten oder den kritischen hydraulischen Werten für den Beginn von Rillenerosion.
Die zweite Hypothese konnte durch die Ergebnisse der Untersuchung weitgehend bestätigt werden. Flächenspülung, Knickpunkt- und Rillenentwicklung waren an charakteristische Bereiche kritischer Abflußintensitäten gebunden, die als Schleppspannungsgeschwindigkeit von Einheitsabflußrate q und Einheitsfließleistung ausgedrückt wurden. Es konnte jedoch kein eindeutiger hydraulischer Grenzwert für den Übergang von flächenhafter Erosion zu linearer Rillenerosion bestimmt werden, da sich die für die drei Abflußtypen charakteristischen Bereiche überlappten.
Die dritte Ausgangshypothese wurde ebenfalls durch die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigt: Sowohl die durchschnittlichen, auf die gesamte Testfläche bezogenen Erosionsbedingungen als auch die lokalen hydraulischen Verhältnisse in Flächenspülung, Knickpunkten und Rillen stimmten in den parallelen Feld- und Laborsimulationen überein. Knickpunkte und Rillen bildeten sich und dominierten jeweils bei den gleichen kritischen Abflußintensitäten.
Aufgrund der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sind als bodenerhaltende Maßnahme für das Arbeitsgebiet im nordchinesischen Lößplateau, die Anlage von relativ schmalen Terrassen, deren Hanglänge 10-15 m nicht überschreiten sollte, zu empfehlen. Dabei müßte von der bisher in diesem Gebiet üblichen Konstruktion von 10o - 35o hangäbwärts geneigten Terrassenfläche zugunsten von ebenen bzw. hangaufwärts geneigten Terrassen abgesehen werden. Die Konstruktion ebener Terrassen ist jedoch aufgrund der im Lößplateau vorherrschenden Hangneigung von bis zu 50o technisch und finanziell sehr aufwendig (die Konstruktionskosten von Terrassen steigen annähernd linear mit zunehmender Hangneigung an; vgl. Mitchell et al. 1980) und führt zu hohen, rutschungsgefährdeten Böschungen. Als Kompromiß zwischen optimaler Bodenkonservierung und ökonomischer Notwendigkeit böte sich eine um nicht mehr als 10o hangabwärts geneigte Terrasse an, für die weitaus weniger Löß umzulagern wäre als für eine ebene Terrasse. Die Ergebnisse der in der vorliegenden Arbeit durchgeführten Experimente deuten darauf hin, daß bei dieser verhältnismäßig geringen Hangneigung und bei geringen Hanglängen bzw. Einzugsgebieten nur relativ schwache Bodenerosion durch Rillenbildung stattfindet. Allerdings muß bei der Terrassierung sichergestellt werden, daß das oberflächlich abfließende Wasser oberhalb der Böschungskanten in Entwässerungsgräben gesammelt und hangparallel entweder zu Rückhaltebecken oder größeren begrasten oder anderweitig befestigten (z.B. Geotextilien, Pflasterung mit am Ort hergestellten Ziegelsteinen) Entwässerungsadern geleitet wird. Auch die Entwässerungsgräben entlang der Terrassenkanten und die Böschungen sollten möglichst bewachsen sein, um die Stabilität der Terrassen zu verbessern. Es muß vermieden werden, daß ablaufendes Niederschlagswasser, wie bisher, unkontrolliert über die Böschung auf die darunterliegende Terrasse gelangt. Aufgrund der starken Hangneigung und der meist starken Konzentration des Abflusses treten in diesem Fall beträchtliche Abflußintensitäten auf, so daß während eines einzigen Abflußereignisses neuangelegte Terrassen durch mehrere Meter tiefe Erosionsgräben teilweise zerstört werden können.
Die Übertragbarkeit der Ergebnisse der vorliegenden Studie auf natürliche Erosionsbedingungen wird insbesondere durch die geringe Breite der Parzellen (0.8 m) eingeschränkt. Die Entwicklung eines Systems von Rillen, wie es oft auf geneigten Ackerflächen zu beobachten ist, konnte daher nicht untersucht werden. Außerdem erschwert die Begrenzung der Untersuchung auf vegetationslose, frisch gepflügte Oberflächen die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf natürliche Bedingungen im Feld. Diese Beschränkungen der vorliegenden Untersuchung wurden jedoch in Kauf genommen, da das eigentliche Ziel der Arbeit die Analyse der bodenphysikalischen bzw. hydraulischen Bedingungen war, die zur Ausbildung von Knickpunkten und Rillen führten. Eine deartige Untersuchung war nur auf kleinen Testparzellen möglich.