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Freiburger Geographische Hefte, Heft 55

Gaby Zollinger (1998): Stoffumsätze in topischen Geoökosystemen und ihre Mikroklima- und Wasserhaushalts-Randbedingungen im Einzugsgebiet des Zunzinger Mattbaches (Markgräfler Hügelland/Südbaden)

Zusammenfassung

Das hydrologische Einzugsgebiet des Zunzinger Mattbaches als repräsentative Elementarlandschaft für das gesamte Markgräfler Hügelland wurde mit dem holistischen Forschungsansatz der Landschaftsökologie untersucht und quantitativ beschrieben und gekennzeichnet. Dabei stand die Erforschung der Funktionszusammenhänge zwischen den einzelnen Partialkomplexen bodennahe Luftschicht, Boden, Bodenwasser und Grundwasser im Mittelpunkt.

Das Untersuchungsgebiet kann gegliedert werden:

  • in einen agrarisch und einen forstlich genutzen Bereich und
  • in landwirtschaftliche Nutzflächen, auf denen 1986 eine Flurbereinigung durchgeführt worden ist und Nutzflächen, die zumindest in den letzten Jahrzenten nicht flurbereinigt wurden.

Aus der Nutzung des Untersuchungsgebietes und den unterschiedlichen Düngergaben auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen ergaben sich eine Reihe von Fragen, die in der Einleitung aufgeführt wurden.

Im folgenden werden sie zusammenfassend beantwortet:

  1. Wie sieht die Belastung der Waldflächen in einer Höhenlage von 500 m NN aus? Die Raten der Gesamtdeposition der über die Niederschläge eingebrachten Stoffe liegen auf einem für Waldökosysteme Süddeutschlands charakteristischen, niedrigen Niveau. Der Standort kann mit Gesamteinträgen von 0,3 kg/ha*a Protonen sowie 30 kg/ha*a Sulfat und 20 kg/ha*a Nitrat als wenig belastet eingestuft werden. Insgesamt betrachtet spielt der interne Umsatz bei den Elementen Kalium und Calcium die größte Rolle, während Chlorid, Schwefel und Nitrat durch atmogenen Transport in das Ökosystem deponiert werden.
  2. Wie verhalten sich die Inhaltsstoffe im Regen bei der Passage durch den Kronenraum und wo liegen die Unterschiede in bezug auf die Freilandniederschläge? Im Bestand werden die meisten Elemente gegenüber dem Freiland angereichert. Dies gilt besonders für die „leaching“-Elemente Kalium und Calcium. Kalium weist zudem als einziges Element zyklische jahreszeitliche Schwankungen auf. Es konnte gezeigt werden, daß über die Niederschläge Gips und Kaliumchlorid in das Ökosystem gelangen und dies auf die elsässischen Industriestandorte zurückgeführt werden kann.
  3. Wie verteilen sich die Inhaltsstoffe im Regen an den agrarischen Standorten und wo und wie lassen sich Schadstoffquellen erkennen und analysieren? Im Untersuchungsgebiet liegen die Depositionsmengen, der durch den Niederschlag eingebrachten Stoffe, allesamt höher als an der fünfzehn Kilometer weiter südlich gelegenen Station Gupf im südlichen Markgräfler Hügelland. Die hohen Einträge an Nitrat, Chlorid und Sulfat sowie Kalium, Calcium und Magnesium weisen auf die elsässischen Industriestandorte als Emissionsquelle hin, wie Windanalysen an verschieden exponierten Standorten gezeigt haben. Die Nitrat- und Ammoniumeinträge durch den Niederschlag erreichen eine Größenordnung, die etwa 30% der Kunststoffdüngung der ackerbaulich genutzten Flächen ausmachen. Die Kenntnis über die hohen Stoffeinträge könnte in Zukunft zu einer Verminderung der Stickstoffdüngung führen.
  4. Welchen Einfluß hat die Bodenstruktur auf das Abfließen und das Eindringen von Regenwasser? Es konnte gezeigt werden, daß auf den sehr tonhaltigen Böden der Waldtesserae MHL 1 und der Rebtesserae MHL 3 Schrumpfungsrisse und Makroporen dafür verantwortlich gemacht werden können, daß die Hauptmenge des Niederschlagswassers in dem sehr feuchten Jahr 1988 nicht die Bodenmatrix durchfeuchtete, sondern an präferentiellen Fließfaden entlangfließt und rasch in größere Bodentiefen transportiert wird. Obwohl es sich bei beiden Standorten um völlig verschiedene Bodentypen und Ausgangssubstrate handelt, scheint der hohe Tongehalt und die damit verbundene Quellung und Schrumpfung für das ähnliche Fließverhalten des Wassers verantwortlich zu sein. Auf den flurbereinigten Standorten MHL 4 und 41 zeigte der Bodenfeuchteverlauf an, daß die Porenstruktur so nachhaltig durch die Materialverschiebungen im Zuge der Flurbereinigung geschädigt worden ist, daß keine Abhängigkeit mit den Jahreszeiten oder dem Witterungsgeschehen nachgewiesen werden kann.
  5. Wie wirken sich unterschiedliche Düngergaben auf den landwirtschaftlich genutzen Flächen auf die Stoffausträge aus den Standorten aus? Die hohen Düngergaben des Maisfeldes (MHL 21) lassen sich im Sickerwasser nach-weisen. Mit durchschnittlich 226 kg/ha*a gelangen die höchsten Nitratausträge an dieser Station unmittelbar ins Grundwasser. Gleiches gilt für die Chloridausträge, die ebenfalls die höchsten Werte an allen untersuchten Stationen erreichen. Die hohen Chloridmengen werden durch die chemische Zusammensetzung der verwendeten Dünger verursacht. Obwohl die Waldstation (= MHL 1) mit einem 60 bis 80jährigen Buchenwald bestockt ist und zumindest während dieses Zeitraumes nicht gedüngt wurde, sind die Nitratsicker-wassermengen mit 160 kg/ha*a höher als an der Rebstation MHL 3, die regelmäßig Ende April gedüngt worden ist. Diese Station weist mit 9 kg/ha*a die geringsten Nitratausträge auf. Diese geringen Mengen sind auf eine Bepflanzung mit jungen Rebstöcken zurück-zuführen, die während ihres raschen Wachstums dem Boden viel Nitrat entziehen. Obwohl die Rebfläche MHL 31 nicht gedüngt wurde, liegen die Nitratausträge mit 178 kg/ha*a um ein Vielfaches höher als auf der gedüngten Rebfläche MHL 3. Hierfür konnte der Einsatz von hochkonzentrierten stickstoffhaltigen Herbiziden zur Unkrautbekämpfung verant-wortlich gemacht werden.
  6. Wie hoch ist die Nitratbelastung der Böden und welchen Einfluß haben die Düngergaben auf den Stoffaustrag aus dem Einzugsgebiet? Die Nitratausträge am Vorfluter betragen durchschnittlich 38 kg/ha*a und sind als gering einzustufen. Die Mengen könnten weiter gesenkt werden, wenn vor allem die Maisfelder in der Aue und an den angrenzenden Unterhängen weniger gedüngt würden. Während des Untersuchungszeitraumes nahm die Nitratkonzentration im Bachwasser kontinuierlich auf eine mittleres niedriges Niveau von etwa 15 mg/l ab.

Fazit: Die Differentialanalyse der einzelnen Partialkomplexe hat gezeigt, daß die untersuchten Standorte erhebliche Differenzierungen aufweisen. Die Analyse der einzelnen Elemente der ‘geoökologischen Grenzschicht’ erbrachte quantitative Unterschiede, die bei einigen Prozeß-größen um das 25fache differieren (Nitratsickerwassermenge). Eine zusammen-fassende Darstellung der wichtigsten Physiotoptypen des Untersuchungs gebietes und ihre quantitative Kennzeichnung gibt (Abb. 55, S. 163)

Mit Hilfe der Geoökofaktoren Höhe über NN, Bodenform, Bodenfeuchteregimetypen und der Temperaturverteilung wurde eine Geoökotopausscheidung vorgenommen. Die Untersuchung der gegenseitigen Beinflussungen aller Informationsschichten erbrachte, daß nur diese vier Struktur- bzw. Prozeßgrößen raumwirksam sind und für eine Differenzierung herangezogen werden müssen (Abb. 38, S. 111).

Die einzelnen Untersuchungsgebiete haben die Bedeutung, für einen bestimmten Landschaftstyp, hier das Markgräfler Hügelland, repräsentativ zu sein. In der vorliegenden Regionalstudie konnte durch einen Vergleich zwischen Landnutzungskartierung und den geomorphographischen Merkmalen im Untersuchungsgebiet und im gesamten Markgräfler Hügelland der Nachweis erbracht werden, daß das Zunzinger Mattbachtal hinsichtlich der untersuchten Parameter repräsentativ für den gesamten Landschaftstyp ist. Dies gelang durch eine quantitative Beschreibung der gegenseitigen Beeinflussungen der oben aufgeführten Merkmale in beiden Untersuchungsräumen unter Einbezug von Fernerkundunsdaten aus dem REKLIP. Damit konnten Einzelergebnisse von der topischen in die chorische Dimension übertragen und der Begriff ‘Repräsentativlandschaft’ quantitativer und exakter beschrieben werden.