Freiburger Geographische Hefte, Heft 71
Zusammenfassung
In zahlreichen Kommunen sind bereits wirksame Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt worden, obwohl ihre Haushaltslage oft angespannt ist und sie keine verpflichtende Aufgabe darstellen. In dieser Arbeit werden folgende Fragen untersucht:
- Welche Akteure stoßen Klimaschutzmaßnahmen an?
- Welchen Beitrag leisten kommunale Akteure, die in staatliche und nichtstaatliche unterschieden werden?
- Welchen Handlungsspielraum haben deutsche Kommunen im Klimaschutz?
- Welche Faktoren beeinflussen und steuern die Entwicklung?
- Warum sind Vorreiterkommunen erfolgreich?
- Wie kann man diese Erfolge messen?
Der Anspruch dieser Arbeit ist es, allgemeingültige Aussagen für kommunalen Klimaschutz unabhängig von lokalen Voraussetzungen treffen zu können. Um dies zu erreichen, wurde ein theoretischer Analyserahmen erarbeitet, der erklären kann, wie politische Steuerungsprozesse im Klimaschutz funktionieren. Staatliche und nichtstaatliche Akteure arbeiten in Netzwerken auf die Reduktion von Treibhausgasemissionen hin, was als Urban Governance definiert wird. Sie können dabei nicht unabhängig handeln, sondern werden von übergeordneten Rahmenbedingungen beeinflusst, die sich auf politische Steuerungsprozesse auswirken (Multi-Level-Governance).
Der Handlungsspielraum von deutschen Kommunen beim Klimaschutz wird durch ein Rollenmodell erklärt, das sich auf jede Kommune übertragen lässt. Die Entwicklung und Fortschritte im kommunalen Klimaschutz werden anhand von Vorreitern analysiert, die bereits eine lange Erfahrung in diesem Themenfeld verfügen.
Um allgemeingültige Aussagen über erfolgreichen kommunalen Klimaschutz treffen zu können, werden Bewertungsmaßstäbe aus Wettbewerben abgeleitet, die deutsche, schwedische und europäische Kommunen untersuchen.
Stellvertretend für alle erfolgreichen Vorreiter soll eine Analyse der „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ Freiburg die zentralen Fragestellungen dieser Arbeit beantworten. Im Mittelpunkt steht dabei die Befragung von Experten durch leitfadengestützte Interviews, die zur Entwicklung von Klimaschutz, der Zusammenarbeit der involvierten Akteursgruppen und dem Einfluss der Rahmenbedingungen befragt werden. Mithilfe einer Policy-Netzwerkanalyse werden diejenigen Akteure identifiziert, die maßgeblich an der politischen Steuerung von Klimaschutz beteiligt sind.
In Freiburg konnten nichtstaatliche Akteure als Pioniere identifiziert werden. In anderen Städten bringen nach bereits durchgeführten Untersuchungen staatliche Akteure das Thema Klimaschutz auf die Agenda. Den Pionieren gemeinsam sind ihr Engagement und ihre Risikobereitschaft, die nicht nur in einer Pionierphase gebraucht werden, damit Klimaschutz zum Erfolg wird und weiterentwickelt werden kann.
Die deutschen Kommunen verfügen trotz gewisser Einschränkungen über einen relativ großen Handlungsspielraum, Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Erleichtert wird dies während eines Gelegenheitsfensters.
Ein weiteres Ergebnis der Analyse ist die Bedeutung einzelner Personen, von denen einige von Beginn an bis heute im Klimaschutz aktiv sind. Sie beschäftigen sich heute teilweise nicht nur ehrenamtlich, sondern beruflich mit Klimaschutz.
Entscheidend für Fortschritte im Klimaschutz ist die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure. Sie arbeiten projektbezogen in Netzwerken zusammen, die nicht institutionalisiert sind und zu einem großen Anteil informell arbeiten. Sie zeichnen sich in Freiburg durch eine hohe Spezialisierung aus, da die Interviewpartner als Hauptzweck den Austausch von Wissen angeben. Auf diese Weise können sie sich schnell an unterschiedliche inhaltliche Anforderungen anpassen. Dabei fällt auf, dass in verschiedenen Bereichen, z.B. im Energie- und Verkehrssektor, ein unterschiedliches Tempo herrscht. Zudem sind Rückschläge nicht ausgeschlossen.
Aus dem Fallbeispiel und der Analyse der Kommunalwettbewerbe wurden Bewertungsmaßstäbe für kommunalen Klimaschutz abgeleitet. Die Höhe der CO2-Emissionen sollte auf jeden Fall berücksichtigt werden, wobei ein einzelner Indikator die komplexe Wirklichkeit nicht abbilden kann. Daher greifen die Wettbewerbe immer auf ein Indikatorenset zurück, wobei es bisher keinen einheitlichen Standard gibt. Es sollte nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Indikatoren enthalten. Schließlich lassen sich nicht alle Aspekte messen. So ist beispielsweise das wichtige zivilgesellschaftliche Engagement nicht ausreichend in den Wettbewerben berücksichtigt worden.